
Öffentlicher Vortrag im Rahmen der Arbeitstagung des Psychoanalytischen Kollegs
Wie heute den Vorgang der Identifizierung verstehen und ihn von der Bildung einer Identität unterscheiden? Und wie vor allem den Sprung von der Ebene der Identifizierungen zu jener der Identität denken? Eine Grundfrage nicht nur der Metapsychologie, sondern auch jeder analytischen Kur.
Wo die Identifizierung für die Metaphysik eine Reihe von Eigenschaften ist, die sich jeder im Rahmen sozialer Normen aneignete, als wären das Subjekt und seine Identifizierung getrennte Entitäten, die sich gegenüberstünden, entdeckt Freud seit den „Studien über Hysterie“ den Vorgang der Identifizierung als Erwerb von Zügen, die vom Anderen in einer affektiven Beziehung über eine Aktion, eine Gefühlsregung oder einen Gedanken auferlegt werden und so das Subjekt und seine Identifizierung ununterscheidbar machen: es gleicht sich ihnen an.
Die Zielrichtung der analytischen Kur läge also darin, eine Dekonstruktion dieser Identifizierung zu gewährleisten, dergestalt, dass auf die Entfremdung durch den Anderen eine Öffnung auf das Objekt hin erfolge, womit die Konstruktion einer Identität als Subjekt des Begehrens vollzogen werden kann, das nicht gänzlich dem Phallus wie dem Namen des Vaters unterworfen ist, d. h. dem normierten Rahmen der üblichen gesellschaftlichen Bedingungen.
Pierre Marie arbeitet als Psychoanalytiker in Paris, wo er Mitglied von Espace Analytique ist. Studium der Philosophie (bei Georges Canguilhem) und der Medizin; Psychoanalyse bei Jacques Lacan an der Ecole freudienne de Paris. Pierre Marie hat zahlreiche Aufsätze zur Psychoanalyse und Psychiatrie verfasst.
Vortrag in französischer Sprache mit deutscher Übersetzung
Moderation: André Michels
Weitere Information: info@psa-kolleg.de