Leitung: Ioanna Kostopoulou
Samstags 12.00 bis 14.00 Uhr, 14-tägig per zoom
(weitere Termine werden noch über facebook bekannt gegeben)
Sprache: Deutsch/Englisch
Anmeldung: i_kostopoulou@yahoo.gr
Am 06. Februar konzentrieren wir uns auf die Begriffe „Traum“ und „Kollektives Unbewusstes“
Im Ersten Manifest des Surrealismus (1924) dokumentiert André Breton seine Begegnung mit den „Untersuchungsmethoden“ Sigmund Freuds. Er nimmt so einen Schlüsselmoment der Bewegung auf, in dem für ein bestimmtes Verständnis der Psychoanalyse in seiner Notwendigkeit entschieden wird:
Ich beschäftigte mich damals noch eingehend mit Freud und war mit seinen Untersuchungsmethoden vertraut, die ich im Kriege gelegentlich selbst bei Kranken hatte anwenden können, und beschloß nun, von mir selbst das zu erreichen, was man von ihnen haben wollte: nämlich einen so rasch wie möglich fließenden Monolog, der dem kritischen Verstand des Subjekts in keiner Weise unterliegt, der sich infolgedessen keinerlei Zurückhaltung auferlegt und der so weit wie nur möglich gesprochener Gedanke wäre.
Im Züge dieses fließenden Monologs avanciert die Écriture automatique zu einer der bevorzugten literarischen Techniken gegen jegliche Zensur und etablierte bürgerliche Ästhetik „voller Verachtung für das, was dabei literarisch herauskommen würde“. Als Begründer einer Anti-Literatur – in ihrem Selbstvertändnis in der Genealogie der poètes maudits – und ohne die Versicherung einer religiösen Erleuchtung (Benjamin) werfen die Surrealisten Fragen zu psychischen Aspekten des Automatismus – auch im Sinne Pierre Janets – und der damit verbundenen Sprachlichkeit auf.
Wortspiele wie Louis Aragons Palindrom Erutarettil verweisen auf eine konzeptuelle Intervention in den Bedingungen der sur-réalité, die an Jacques Lacans spätere Wortschöpfung Lituraterre im Rahmen seiner Überlegungen zum Anschein[semblance] erinnern. Obwohl sich Lacan nach seiner anfänglichen Beteiligung am surrealistischen Periodikum Minotaurevon der Bewegung entfernt hatte und nicht für ein Mitglied des Surrealistenkreises gehalten werden wollte, stellt sich die Frage, inwiefern spätere Texte und Konzepte wie die des Realen sich anbieten, um den Surrealismus mit Begriffen der Lacanschen Psychoanalyse zu verstehen – als einen Rest, der vom Diskurs der Universität vielleicht doch verschont blieb.
Im Rahmen dieser AG sollen Schnittstellen und Affinitäten wie auch Divergenzen zwischen Surrealismus und Psychoanalyse aufgesucht werden. Neben Textauszügen aus Werken Freuds und Lacans werden u.a. Texte gelesen von: Otto Rank, Walter Benjamin, André Breton, Louis Aragon, René Crevel, Andreas Embirikos, Julia Kristeva.